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Der Urwaldmaler:

vier Jahre auf Humboldts Spuren

"Bellermann sah Venezuela wie wenige vor ihm, ohne Gewinnstreben und ohne Nebeninteressen. Er sah das Land wie vor ihm Humboldt ..." 
Alfredo Boulton, 1977

Carl Steffeck: Ferdinand Bellermann, um 1850. Öl auf Karton, 36,5 x 32 cm. ©Stiftung Stadtmuseum Berlin

Carl Steffeck: Ferdinand Bellermann, um 1850. Öl auf Karton, 36,5 x 32 cm. ©Stiftung Stadtmuseum Berlin

Der Landschaftsmaler Ferdinand Konrad Bellermann (1814-1889) wurde unter anderem an der Berliner Akademie von Karl Blechen und Wilhelm Schirmer ausgebildet. Er unternahm Reisen nach Italien, Belgien, Holland und Norwegen. Mit der Unterstützung von Alexander von Humboldt erhielt Bellermann von König Friedrich Wilhelm IV. ein Stipendium, um von 1842 bis 1845 Venezuela zu bereisen. In dieser Zeit entstanden etwa 650 Ölgemäde und Zeichnungen, oft auf Wunsch von Humboldt, der Bellermann gebeten hatte, bestimmte Pflanzen und Landschaften zu dokumentieren. Obwohl Bellermann auch nach seiner Venezuelareise noch wichtige Aufträge erhielt, etwa bei der Ausmalung des Neuen Museums in Berlin, und er 1857 zum Professor an der Berliner Akademie ernannt wurde, starb er weitgehend vergessen im Jahr 1889 in Berlin. Der Impuls zur Neubeschäftigung mit seinem Werk ging von Venezuela aus. Die Wiederentdeckung Bellermanns ist dem venezolanischen Kunstfreund Eduardo Röhl zu verdanken.

Ferdinand Bellermann: Landschaft in Venezuela, 1863. Öl auf Leinwand, 150 x 188 cm. ©Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

Ferdinand Bellermann: Landschaft in Venezuela, 1863. Öl auf Leinwand, 150 x 188 cm. ©Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz

Als Bellermann 1842 in Venezuela ankam und seine ersten Bilder anfertigte, befand sich das Land, wie er vermerkte, in "großer nationaler Emotion". Die sterblichen Überreste Simón Bolívars waren gerade von Kolumbien nach Caracas überführt worden. Einige Gemälde tragen dem Rechnung: In der Reihe "Bauwerke in Caracas" (1844) findet sich das Werk "Triumphbogen bey Einbringung von Bolívars Asche." Bellermann zeichnete auch das der Familie Simón Bolívars gehörende Anwesen bei San Mateo im Aragua-Tal. Rechts oben, auf einem mit Kakteen und Akazien bewachsenen Hügel, das Wohnhaus, unten die Wirtschaftsgebäude unter Kokospalmen und Cecropien. Nach Bellermanns naturgetreuen Zeichnungen konnte der deutsche Botaniker Hermann Karsten (1817-1908) alle darauf abgebildeten Pflanzenspezies bestimmen. Alfredo Boulton, der bekannteste venezolanische Kunstkritiker und Kulturhistoriker, nannte das "exactitud científica obtenida con belleza" (1968).

Ferdinand Bellermann: San Mateo im Aragua-Tal. ©Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

Ferdinand Bellermann: San Mateo im Aragua-Tal. ©Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

Im Mai 1842 hatte sich Bellermann im Lustgarten von Potsdam persönlich von seinem Förderer Alexander von Humboldt verabschiedet. Dieser legte ihm den Besuch der Guácharo-Höhle nahe, die er selbst 1799 erforscht hatte. In einem Brief an Max Jordan, den Direktor der Berliner Nationalgalerie, schrieb Bellermann am 20. September 1880, „[die Höhle] gillt für das größte Naturwunder von Venezuela und giebt den Einwohnern zu den fabelhaftesten Märchen noch immer viel Veranlassung. [...] Im größten Theil der Höhle wohnen die ... Guacharo Vögel (Steatornis caripensis) welche im Innern der Höhle einen betäubenden Lärm machen, und beim herrausfliegen mit den Schnäbeln klappern als wenn tausend Castagnetten losgelassen werden. [...] Am 9t. August 1843 erreichte ich die Guacharo Höhle, wohnte 14 Tage in derselben, machte die Studien zu dem Bilde in der National Gallerie und zeichnete auch einen Grundriß der Höhle." (Staatliche Museen zu Berlin 1987:42-43). Die verschiedenen Gemälde der Cueva de los Guácharos zählen zu Bellermanns bekanntesten Werken. Allerdings hat er gerade dieses "Bild" ein wenig korrigiert, bevor er es verewigte: Er ließ Bäume fällen und Sträucher entfernen, die den Eingang der Höhle versperrten.

Ferdinand Bellermann: Die Guacharo-Höhle bei Caripe, o.J. Öl auf Karton; 18,2 x 22,4 cm. ©Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

Ferdinand Bellermann: Die Guacharo-Höhle bei Caripe, o.J. Öl auf Karton; 18,2 x 22,4 cm. ©Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin

Der Beiname "Urwaldmaler", der Bellermann schon zu Lebzeiten begleitete, wurde durch Franz Rebers Kunstgeschichte (1876) festgeschrieben. Tatsächlich hat die Venezuelareise Bellermanns ganzes späteres Leben geprägt. Als er 43 Jahre nach der Rückkehr aus Südamerika in Berlin starb, stand ein letztes unvollendetes Gemälde auf seiner Staffelei, eine "Abendstimmung am Orinoco".

Literatur:

  • Boulton, Alfredo. 1968. Historia de la pintura en Venezuela, Tomo II: Epoca Nacionial, de Lovera a Reverón. Caracas: Editorial Arte.
  • Löschner, Renate. 1976. Lateinamerikanische Landschaftsdarstellungen der Maler aus dem Umkreis von Alexander von Humboldt. Dissertation, Technische Universität Berlin.
  • Löschner, Renate, ed./Hg. 1977. Bellermann y el paisaje venezolano 1842/1845. Prólogo: Alfredo Boulton. / Bellermann und die venezolanische Landschaft 1842/1845. Vorwort: Alfredo Boulton. Edición especial de la Asociación Cultural Humboldt. Caracas: Editorial Arte. [Edición bilíngüe / zweisprachige Ausgabe]
  • Löschner, Renate; Red. 1978. Deutsche Künstler in Lateinamerika. Maler und Naturforscher des 19. Jahrhunderts illustrieren einen Kontinent. Bonn-Bad Godesberg.
  • Reber, Franz. 1876. Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873. Stuttgart: Meyer und Zeller's Verlag.
  • Röhl, Eduardo. 1938. Ferdinand Bellermann 1814-1889. Caracas: Lit. y. Tip. del Comercio.
  • Staatliche Museen zu Berlin. 1987.  Ferdinand Bellermann 1814-1889. Ein Berliner Maler aus der Ära Alexander von Humboldts. Kupferstichkabinett und Nationalgalerie. 13. August – 25. Oktober 1987. Berlin: Staatliche Museen.