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Bolivien singt

... die "Cantata Bolivia"

Der Dirigent Erich Eisner. ©Jüdisches Museum Berlin

Der Dirigent Erich Eisner. ©Jüdisches Museum Berlin

Erich Eisner, 1897 in Prag geboren, erhielt von 1919 bis 1921 an der Akademie für Tonkunst in München seine Ausbildung zum Komponisten und Dirigenten. Er arbeitete danach an verschiedenen Bühnen in Deutschland und Österreich. Mit Beginn der Naziherrschaft in Deutschland durfte Eisner seinen Künstlernamen Erich Erck nicht mehr offiziell führen. Sein Antrag auf Mitgliedschaft in der Reichsmusikkammer wurde ebenfalls abgelehnt. Auch seine Eingabe, in der er anführte, dass er im Ersten Weltkrieg Frontkämpfer gewesen war, änderte nichts an diesem Bescheid. Wegen seiner jüdischen Herkunft erhielt er 1935 Berufsverbot. Danach war Eisner als Geschäftsführer des Jüdischen Kulturbunds in Bayern aktiv. Außerdem leitete er das Orchester des Jüdischen Kulturbundes in München, das als jüdisches Kammerorchester 1926 gegründet worden war und bis 1938 bestand.

Titelblatt der Cantata Bolivia. ©Jüdisches Museum Berlin

Titelblatt der Cantata Bolivia. ©Jüdisches Museum Berlin

Nach der Pogromnacht am 10. November 1938 wurde Eisner verhaftet und kam im KZ Dachau in "Schutzhaft". Ende Dezember desselben Jahres wurde er entlassen und erhielt die Auflage, Deutschland sofort zu verlassen. Bereits zuvor hatte er mehrfach Anträge auf Auswanderungspässe für sich selbst, seine Ehefrau und seinen Sohn gestellt. 1939 emigrierte er nach Bolivien, wohin seine Familie ihm folgte.

In Bolivien wurde Eisner zunächst an die Escuela Nacional de Maestros in Sucre berufen, wo er in der Musiklehrerausbildung tätig war, auch Komposition unterrichtete und einen Chor gründete und leitete. Ab 1944 wirkte er am Konservatorium in La Paz.

Partitur Doppelseite

Cantata Bolivia, Kantate in drei Sätzen für Sopran, Alt, Tenor, Bariton, Chor, Orchester, nach dem Text von Yolanda Bedregal de Konitzer © Jüdisches Museum Berlin

Unter Eisners Leitung entstand in der bolivianischen Hauptstadt im selben Jahr das Orquesta Sinfónica Nacional, in dem zahlreiche Emigranten aus Deutschland und anderen Ländern Europas Beschäftigung fanden. Eisner leitete dieses Orchester bis zu seinem Tode im März 1956 in La Paz. Für die Aufführungen bearbeitete er zahlreiche bolivianische Musikstücke.

Bereits 1941 entstand Eisners Komposition "Cantata Bolivia", in der er einen Text der bolivianischen Schriftstellerin Yolanda Bedregal de Konitzer vertonte. Erst 2003 gelangte dieses Werk jedoch in voller Besetzung zur Uraufführung.

1946 hatte Eisner die bolivianische Staatsangehörigkeit angenommen. Am 14. Dezember 1955 wurde Erich Eisner mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, das er Anfang 1956 aus den Händen des deutschen Botschafters in La Paz entgegennahm.

(Ricarda Musser)

Literatur:

  • Bauer, Richard, und Michael Brenner (Hg.) 2006. Jüdisches München. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. München: C.H. Beck.
  • Bonard, Waldemar. 1994. Die gefesselte Muse. Das Marionettentheater im Jüdischen Kulturbund 1935-1937. München: Buchendorfer.

CD-Aufnahme

  • Eisner, Erich: Cantata Bolivia. Sobre poesía de Yolanda Bedregal. Orquesta Sinfónica Nacional. Coral Los Andes; Olivio Patty, Director; Per Bundgaard, Preparador.