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"Bial"

Fluchtziel Bolivien

"Er ist durchaus ein Mann der Farbe; in breiten, hellen Flächen baut Bialostotzky seine Bilder auf, mitunter glaubt man, einen verjüngten Liebermann-Geist zu spüren."
Max Osborn, 1937

Kurt Bialostotzky. Fotograf unbekannt, ohne Datum. ©Jüdisches Museum Berlin

Kurt Bialostotzky. Fotograf unbekannt, ohne Datum. ©Jüdisches Museum Berlin

Von den 250 000 bis 300 000 aus Nazi-Deutschand geflohenen Juden dürften etwa 20-25% nach Lateinamerika gelangt sein. Bolivien nahm mindestens 12 000 von ihnen auf. Ab 1938/39 gab es Visahandel; im Mai 1939 wurde für sechs Monate ein Einwanderungsstop verfügt; 1940 wurden die Grenzen geschlossen. Die meisten jüdischen Flüchtlinge migrierten - zum Teil schon vor Kriegsende - aus Bolivien in die USA, nach Chile, Argentinien oder Uruguay weiter. 1945 befanden sich nur noch 4800 jüdische Emigranten in Bolivien, von denen sich auch nur ein kleiner Teil dauerhaft dort niederließ.

Die Erklärung, "Pienso dedicarme a: agricultura", war notwendig, um die Einreisegenehmigung zu erhalten. Bialostotzky fristete in Cochabamba als Anstreicher und Gelegenheitsarbeiter sein Leben. ©Jüdisches Museum Berlin

Die Erklärung, "Pienso dedicarme a: agricultura", war notwendig, um die Einreisegenehmigung zu erhalten. Bialostotzky fristete in Cochabamba als Anstreicher und Gelegenheitsarbeiter sein Leben. ©Jüdisches Museum Berlin

Kurt Bialostotzky wurde 1896 in Obornik (Posen) als eines von neun Kindern des Synagogen-Kantors Isaak Bialostotzky und seiner Frau Charlotte geboren. Er besuchte eine Schule in Rixdorf (heute Berlin-Neukölln), absolvierte ab 1910 eine Lehre als Musterzeichner in einer Teppichfabrik und danach ein Studium der Malerei, unter anderen bei Emil Orlik. Im Ersten Weltkrieg wurde er zweimal schwer verwundet. Eine Ehe, aus der zwei Töchter hervorgegangen waren, wurde 1936 geschieden. Drei seiner Schwestern wurden von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet. Bialostotzky versuchte die Flucht in die Tschechoslowakei, wurde aber an der Grenze verhaftet und kam für fünf Monate ins Gefängnis von Wunsiedel. Im Januar 1939 erhielt er über Paris ein Visum für Bolivien, wo er sich in La Paz und 1941 in Cochabamba niederließ.

Kurt Bialostotzky: Markt in Cochabamba, 1956. Gouache auf Leinwand, 22 x 30 cm. ©Jüdisches Museum Berlin

Kurt Bialostotzky: Markt in Cochabamba, 1956. Gouache auf Leinwand, 22 x 30 cm. ©Jüdisches Museum Berlin

"Er wurde der wahre künstlerische Gestalter seiner neuen bolivianischen Heimat auf dem Gebiete der Malerei. (...) Mit allen seinen Werken hat sich Bialostotzky in die erste Reihe der Maler des Landes gestellt, eine Tatsache, auf die die gesamte jüdische Einwanderung Boliviens stolz sein darf." ("Aufbau" No. 30:20, vom 26.7.1946)

1964 kehrte Kurt Bialostotzky nach Deutschland zurück, zunächst nach Berlin. Er verstarb 1985 in Detmold.

Über Kurt Bialostotzky:

  • Bartelt, Fritz (Hg.) 1984. Kurt Bialostotzky (Bial): Maler und Zeichner in Detmold. Detmold: Institut für Lippische Landeskunde.
  • go [Gritta Odenthal]. 2009. Gedenken an den Kunstmaler Kurt Bialostotzky. Ehrentafel am Grab enthüllt. In: Ausgabe Nr. 17B von lippe-aktuell.de vom 25.4.2009.
  • Hegenberg, Monika. 2010. Bolivianische Farbigkeit - Künstlerbiographien des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Heimatland Lippe. Zeitschrift des Lippischen Heimatbundes und des Landesverbandes Lippe. Giesdorf.
  • Lindner, Ernst. 1946. Kurt Bialostotzky: Ein jüdischer Maler in Bolivien. In: Aufbau, Jg. 12. Nr. 30 (26.7.1946), S. 20.
  • mah [Martin Hostert]. 2004. Gedenken an den Maler. Ehrengrab für Kurt Bialostotzky. In: Lippische Landes-Zeitung vom 27.7.2004. Detmold.