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Yboty rendá:

Carlos Fiebrigs 600 ha großer "Blumenladen"

"Karl Fiebrig ... der sich völlig dem Wohle und Gedeihen seiner zweiten Heimat widmet."
Schuurmans Stekhoven, 1955:152

Karl Fiebrig im Ibero-Amerikanischen Institut, Berlin, um 1940. Fiebrigs Spezialfächer waren Pflanzenökologie, Insektenbiologie und Ökomorphologie der südamerikanischen Flora. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Karl Fiebrig im Ibero-Amerikanischen Institut, Berlin, um 1940. Fiebrigs Spezialfächer waren Pflanzenökologie, Insektenbiologie und Ökomorphologie der südamerikanischen Flora. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Im Jahre 1910 bekam der Botaniker Karl Fiebrig (1869-1951) gleichzeitig ein Stellenangebot des deutschen Kolonialamts für Ostafrika und eines der Regierung Paraguays, die ihm einen Lehrstuhl am Colegio Nacional und an der Facultad de Medicina anbot. Fiebrig, der schon seit 1907 in San Bernardino in Paraguay lebte, entschied sich für die Anstellung dort. Er tat dies nicht zuletzt deshalb, weil die Offerte aus Paraguay auch den Vorschlag des damaligen Präsidenten, Dr. Manuel Franco, enthielt, einen botanischen Garten einzurichten.

Rebutia fiebrigii densiseta. ©Gunnar Hatletveit 2009

Rebutia fiebrigii densiseta. ©Gunnar Hatletveit 2009

Im Jahre 1914, während der Regierung von Eduardo Schaerer, konnte der Jardín Botánico schließlich eröffnet werden. Das über 600 ha große Gelände lag in der ehemaligen Residenz des Diktators Francisco Solano López, in der Nähe von Asunción. Es wurde rasch zu einer Attraktion. Fiebrig wirkte bis 1936 als Direktor des Botanischen Gartens. Er hatte ihm den Guaraní-Beinamen Yboty rendá gegeben, d.h. "Blumenladen".

Hafengebäude des Jardín Botánico. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Hafengebäude des Jardín Botánico. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Der Botanische Garten verfügte nicht nur über einen Hafen am Río Paraguay, sondern auch über eine eigene Bahnstation, etwa 60 km gepflegter Wege und ein großes Schwimmbad. Nach und nach richtete Fiebrig auch einen Tiergarten, ein "Zoologisches Museum", ein "Herbarium", ein "Botanisches Museum" und schließlich das "Baumwoll-Institut" ein. Letzteres trug wesentlich zur Finanzierung des ganzen Komplexes bei.

Der Rosengarten. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Der Rosengarten. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Karl Fiebrig pflegte viele persönliche Beziehungen und war vorbildlich in seiner neuen Heimat integriert: Er war naturalisierter Paraguayer, hatte einen hohen Verwaltungsposten inne und war Gründungsmitglied der Sociedad Científica del Paraguay. Als aber nach dem Chaco-Krieg (1932-1935), in dem der Deutsche Hans Kundt die bolivianischen Truppen angeführt hatte, deutschenfeindliche Stimmung aufkam, musste Fiebrig mit seiner zweiten Frau und den vier Kindern unter Lebensgefahr fliehen. Von 1936 bis 1945 arbeitete er als Fachreferent für Botanik und Länderreferent für Paraguay, Argentinien und Uruguay am Ibero-Amerikanischen Institut in Berlin.

Tiefergelegte Beete. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Tiefergelegte Beete. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Von 1948 bis zu seinem Tod im Jahr 1951 war er als "Kontrakt-Professor" an der Universität Tucumán in Argentinien tätig. Beide Stellen konnte er nur antreten, weil in seinem Pass versehentlich ein falsches Geburtsdatum eingetragen worden war, das ihn zehn Jahre "jünger" machte.

Anna Gertz (1866-1920), Fiebrigs erste Frau. Ein Journalist, der ausführlich den "Jardín Botánico"  beschrieb, sprach von "Doña Ana"  als der "eigentlichen Schöpferin des Gartens und Seele des ganzen Instituts". ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Anna Gertz (1866-1920), Fiebrigs erste Frau. Ein Journalist, der ausführlich den "Jardín Botánico" beschrieb, sprach von "Doña Ana" als der "eigentlichen Schöpferin des Gartens und Seele des ganzen Instituts". ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

45 Pflanzenarten wurden zu Ehren Carlos Fiebrigs mit dem Eponym fiebrigii versehen; ebenso 18 Tierarten. Fiebrig selbst benannte nur fünf der von ihm identifizierten Spezies nach sich selbst, zuvor aber eine nach seiner 1920 verstorbenen ersten Frau, Anna Gertz: die Apinagia Gertzi-Annae. Seinen eigenen Namen änderte er nach ihrem Tod in Carl Fiebrig-Gertz - ut memoria sociae in operibus communibus permaneat ("damit das Andenken der Gefährtin bei den gemeinsamen Werken bewahrt werde").

Rebutia fiebrigii kieslingii. ©Gunnar Hatletveit 2008

Rebutia fiebrigii kieslingii. ©Gunnar Hatletveit 2008

Karl Fiebrigs unpubliziertes wissenschaftliches Hauptwerk - das 2.700 Seiten starke Typoskript "Die Pflanzenwelt Südamerikas: mit Berücksichtigung der ökologisch dazu gehörenden mittelamerikanischen Flora; Versuch einer vergleichenden Übersicht über die Lebensverhältnisse der Pflanze und die Beziehungen zwischen Flora und Umwelt" - befindet sich im Archiv des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin. Sein für jedermann sichtbarer Nachlass, sein eigentliches Lebenswerk, ist jedoch der "Jardín Botánico" in der Nähe von Asunción.

Literatur:

  • Anonymus. 1922. Unser Botanischer Garten. Ein Ergebnis deutscher wissenschaftlicher Arbeit in Paraguay. In: Deutsche Zeitung für Paraguay, Jg. 33, Nr. 150 (27.1.1922):1-2.
  • Dittmann, Alden. 1994. Carlos Fiebrig (1869-1951): Bio-Bibliographie eines deutschen Naturforschers in Südamerika und Berlin. In: Axel Schönberger und Klaus Zimmermann, Hg., De orbis Hispani linguis litteris historia moribus: Festschrift für Dietrich Briesemeister zum 60. Geburtstag. Bd. 2: 1489-1522. Frankfurt/M.: Domus Ed. Europaea. [Im Anhang: Listen mit  55 Publikationen Karl Fiebrigs, 5 unpublizierten Manuskripten, Eponymie mit 74 lateinischen Pflanzennamen und 18 Tiernamen, 105 Quellen zu Leben, Werk und Umfeld Fiebrigs.]
  • Fiebrig, C. 1939. Las entradas del Jardín Botánico. In: La Unión, Año 1, núm. 282 (10.5.1930):1. Asunción.
  • Krapovickas, Antonio. 1998. Homenaje a Carlos Fiebrig: un botánico alemán en el Paraguay. In: La revista crítica 15:71-81. Asunción.
  • Schuurmans Stekhoven Jr., Jacobus Hermanus. 1955. Karl Fiebrig, 1869-1951. In: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft 58a/2:151-152. [erschienen 1956]