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Rudolf Amandus Philippi und Bernhard Eunom Philippi:

Reise durch eine der trockensten Regionen der Welt

Rudolf Amandus Philippi (Barros Arana 1904)

"Sehr allgemein ist der Glaube, die Wüste Atacama müsse enorme Schätze von edlen Metallen einschliessen, denn seit den ältesten Zeiten nimmt man im spanischen Amerika als gewiss an, dass eine Gegend um so metallreicher sein muss, je unfruchtbarer und trostloser sie ist ...", schrieb Rudolf Amandus Philippi 1860 in seinem Werk "Reise durch die Wüste Atacama".

Er verwies damit auf eines der Hauptziele, wegen derer er 1853 von der chilenischen Regierung für die Erkundung der Atacama-Region im Norden Chiles engagiert worden war: die Erhebung bodenkundlicher Daten, um so mögliche Bodenschätze identifizieren zu können. Und tatsächlich birgt die zu den trockensten Gebieten der Welt zählende Atacama-Region bis heute wertvolle Bodenschätze, darunter Silbererz, Kupfererz und Salpeter.

Der studierte Mediziner und Naturwissenschaftler Rudolf Amandus Philippi (1808–1904)  siedelte im Jahre 1851 auf Drängen seines Bruders nach Chile über.

Bernhard Eunom Philippi (Blancpain 1974: Abb.1)

Bernhard Eunom Philippi (Blancpain 1974: Abb.1)

Bernhard Eunom Philippi (1811–1852) hatte von der chilenischen Regierung den Auftrag erhalten, deutsche Kolonisten anzuwerben.

Anweisung der chilenischen Regierung zur Kolonisierung Südchiles, 1848. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Anweisung der chilenischen Regierung zur Kolonisierung Südchiles, 1848. ©Ibero-Amerikanisches Institut, Berlin

Eigentlich hatten sich die beiden Brüder im Süden des Landes der Landwirtschaft widmen wollen. Doch es sollte anders kommen: Ende des Jahres 1852 starb Bernhard Eunom Philippi, der Gouverneur der Provinz Magallanes war, eines gewaltsamen Todes. Er wurde von der dort ansässigen indigenen Bevölkerung getötet, die sich gegen die europäische Kolonisierung ihrer angestammten Siedlungsgebiete zur Wehr setzte.

Auf sich gestellt, wandte sich Rudolf Philippi wieder der Profession zu, die ihn auch in Deutschland ernährt hatte: dem höheren Lehramt. Er erhielt 1853 den neugegründeten Lehrstuhl für Naturgeschichte an der Universidad de Chile in Santiago und wurde zugleich Direktor des dortigen Naturhistorischen Museums. In dieser Funktion engagierte er sich unermüdlich für den Aufbau der Bestände. In fast vierzig naturkundlichen Expeditionen sammelte er geologische, zoologische und botanische Materialien für das Museum.

Am Beginn seiner umfassenden Erkundungen der Naturräume Chiles stand die Expedition in die Atacama-Region. Sie war nicht nur in wissenschaftlicher und ökonomischer Hinsicht von großer Bedeutung für den jungen Nationalstaat, sondern spielte auch eine wichtige geopolitische Rolle. Die Atacama-Region – bestehend aus Wüste und Hochland mit Oasen – erstreckt sich südlich von Copiapó bis in das heutige Süd-Peru und das heutige Nordwest-Argentinien. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war dies ein weitestgehend unerforschtes Grenzgebiet, dessen Zugehörigkeit zu den sich konstituierenden Nationalstaaten Chile, Bolivien, Peru und Argentinien unklar und umstritten war. Wegen ihrer extremen klimatischen und ökologischen Bedingungen war die Atacama-Region Mitte des 19. Jahrhunderts wissenschaftlich kaum erschlossen und dokumentiert. Die Durchquerung dieser nahezu wasserlosen Wüste durch Rudolf Philippi stellte eine enorme logistische Herausforderung und physische Meisterleistung dar. In knapp einem Monat gelangte Philippi von Antofagasta bis in die Oase Atacama, das heutige San Pedro de Atacama, welches damals auf bolivianischem Territorium lag.

Blick auf die Plaza von San Pedro de Atacama 1854 (Philippi 1860: Tafel 9)

Blick auf die Plaza von San Pedro de Atacama 1854 (Philippi 1860: Tafel 9)

Während der gesamten Expedition durch die Atacama-Region führte er umfassende Beobachtungen durch und dokumentierte sorgfältig alles, was ihm auffiel. Philippi erhob geographische, geognostische und klimatische Daten, nahm das von ihm bereiste Gebiet topographisch auf, beschrieb die Pflanzen- und Tierwelt sowie die dort lebenden Menschen.

Phoenicopterus andinus Ph. (Philippi 1860: Zool. T. IV)

Phoenicopterus andinus Ph. (Philippi 1860: Zool. T. IV)

Seine minutiösen Beobachtungen und genauen Dokumentationen, die erstmals in umfassender Weise die bis dahin kaum bekannte Region beschrieben, sind bis heute von großem wissenschaftlichem Wert.  

Mehr als fünfzig Jahre lang wirkte Philippi in Chile. Er gilt als einer der Begründer der Naturwissenschaften in Chile, leistete einen zentralen Beitrag zur naturkundlichen Erforschung des Landes und beschrieb zahlreiche Pflanzen- und Tierarten erstmals. In Deutschland nahezu unbekannt, ist Rudolf Amandus Philippi in Chile unvergessen. So erinnert das "Museo R.A. Philippi de la Exploración" in Valdivia an sein Wirken. Die "Fundación R.A. Philippi de Estudios Naturales" führt in seiner Tradition die naturkundliche Erforschung Chiles fort.  

(Beatrix Hoffmann)

Literatur:

  • Barros Arana, Diego. 1904. El doctor Rodulfo Amando Philippi, su vida y sus obras. Santiago: Imprenta Cervantes.
  • Blancpain, Jean-Pierre. 1974. Les Allemands au Chili (1816-1945). Köln, Wien: Böhlau Verlag.
  • Bruna, Augusto, y Andrea Larroucau. 2008. La Epopeya de un sabio: Rodulfo Armando Philippi en el desierto de Atacama. In: Rodulfo Amando Philippi, Viaje al Desierto de Atacama, 11-69. Santiago de Chile: Cámara Chilena de la Construcción y Pontificia Universidad Católica de Chile.
  • Crom, Wolfgang. 2005. Philippi, Rudolph Amandus. In: Thomas Adam (Hg.) Germany and the Americas: Culture, Politics, and History, 882-883. Santa Barbara, CA: ABC Clio 3.
  • Muñoz-Schick, Mélicia. 2008. Viajes de los Philippi a la Región de Atacama. In: Francisco Sequeo et al. (Hg.) Libro Rojo de la Flora Nativa y de los Sitios Prioritarios para su Conservación: Región de Atacama: 357-370. La Serena: Ediciones Universidad de La Serena.
  • Nuño García, Sergio, y Juvenal Niño Valenzuela. 2003. Philippi en la ruta de Atacama. (La Tierra en que vivimos 2). Santiago de Chile: Edebé.
  • Philippi, Rudolf Amandus. 1860. Viage al Desierto de Atacama hecho de Orden del Gobierno de Chile en el Verano 1853-1854. Halle en Sajonia: Libreria de Eduardo Anton.
  • Philippi, Rudolf Amandus. 1860. Reise durch die Wüste Atacama auf Befehl der chilenischen Regierung im Sommer 1853-54 unternommen und beschrieben von Rudolf Amandus Philippi. Halle: Eduard Anton.
  • Steenbuck, Ulrike. 2003. Rudolph Amandus Philippi (1808-1904): vida y obra. In: Larroucau M. (Hg.) El orden prodigioso del mundo natural. Rudolph Amandus Philippi, 11-28. Valdivia: Universidad Austral de Chile y Pehuén Editores.
  • Taylor, Charlotte M., and Mélica Muñoz-Schick. 1994. The botanical works of Philippi, father and son, in Chile. In: Annals of the Missouri Botanical Garden 81:743-748.