Kommentare
zur Unabhängigkeit
"Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen" vom 27.3.1810
Man will versichern, daß der Aufruhr in Süd-Amerika weit mehr auf sich habe, als man in den spanischen Blättern vorgegeben. Ein Brief aus Rio de Janeiro vom 2. Dezember sagt, daß ganz Potosi sich empört, und daß man in den Gegenden, wo Bergwerke sind, alle Königl. Archive verbrannt habe. Derselbe Brief enthielt sogar ein Manifest, in welchem man das ganze Volk des spanischen Amerika auffordert, sich durchaus unabhängig zu machen.
London, vom 23. Juni.
(über Frankreich.)
Die in Süd-Amerika erfolgten Begebenheiten sind sehr wichtig; sie standen aber seit langer Zeit zu erwarten. Es ist in der That zu verwundern, daß diese ausgedehnten Besitzungen so lange vom Mutterlande abhängig geblieben, da es der spanischen Regierung ganz an Energie fehlte. Ohne Verwunderung haben wir daher erfahren, daß die Einwohner dieser Gegenden endlich einen Geist der Unabhängigkeit an den Tag gelegt und den Entschluß gefaßt haben, als ein unabhängiger Staat zu bestehen.
Zufolge der mit der Kriegsloop Musette eingegangenen Berichte, brach die Revolution in Süd-Amerika in den letzten Tagen des Aprils aus zu Caracca und la Quayra. Die Gouverneurs dieser Plätze wurden arretiert und nach Maracaibo gesandt. (...) Der General Intendant, der Intendant und einige andere Personen, welche die Provinz in der Abhängigkeit von Spanien erhalten wollten, sind arretirt worden. Indeß hat man sich keine Gewaltthätigkeiten gegen ihre Personen erlaubt. Sie sind bloß nach einem Orte an der Küste in Sicherheit gebracht, und von da nach Cuba, oder nach andern nach Porto Rico eingeschifft worden. Das Volk hat ohne weitere Excesse erklärt, daß es bloß eine freie und unabhängige Regierung wolle.
(sloop: aus dem Englischen übernommene Bezeichnung des 18. u. 19. Jhs. für bestimmte Kriegsschiffe. Musette ist der Schiffsname.)
Amerika.
Im Laufe des Jahrs 1810 ist die Lage Amerika's völlig verändert; seine gebundene Kindheit in blühende hoffnungsvolle Jünglingszeit übergegangen; Europäische Vormundschaft hat geendet. Selbstständig tritt es auf, schreibt sich den Kreis der Wirksamkeit vor. Unermeßlich sind die Hülfsmittel der Natur und in glühender Entwicklung die Kräfte der Völkerschaften. Mögen die Freistaaten des Nordens und die Freistaaten des Südens brüderlich wetteifern!
Spanien und seine überseeischen Besitzungen.
Die spanischen sowohl als die portugiesischen Besitzungen in Amerika haben sich, erstere in republikanischer, letztere in monarchischer Verfassung, unabhängig vom Mutterlande und selbstständig erklärt. Die Bande, die sie einst an Europa fesselten, sind dadurch zerrissen, ihre Verhältnisse zu den Metropolen aufgelöst, und sie selbst streben, sich aus dem Zustande untergeordneter Länder in die Reihen selbstständiger Staaten emporzuheben. Diese eigenmächtige Emancipation und ihre Wirkung auf die Mutterländer, und dadurch selbst auf das europäische Staatensystem, bietet Stoff zu ernsten Betrachtungen dar, und nimmt mit Recht die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch.
III.
Die Revolution in Südamerika.
(Nach de Pradt.)
Ein politisches Schauspiel von der Größe, wie Südamerika dermal darbietet, hat die Welt noch nie gesehen, ist in der Geschichte unerhört.